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Feuerwachen können edel sein. Und sehr komfortabel. Wenn sie zu einem Luxushotel umgebaut werden. Die Brandstation in Reims – im Herzen der Champagne in den 1920er Jahren im Art-decó-Stil erbaut – ist so ein Fall. Denn daraus wurde vor kurzem das La Caserne Chanzy.
Auf den Spuren des Champagners
Die Lage der Nobelunterkunft ist spektakulär. Denn direkt gegenüber erhebt sich ein Wunderwerk der Hochgotik: Notre-Dame de Reims. Sie gilt als eine der schönsten Kathedralen Europas, Unesco-Welterbe. Mit ihren scheinbar unendlich in die Höhe strebenden Pfeilern und Spitzbögen scheint das Gotteshaus dem Himmel ganz nah zu sein. Größer als ihre berühmte Schwester in Paris war sie es, in der sich über Jahrhunderte hinweg die französischen Könige in Glanz und Gloria krönen ließen. Darunter auch die Ludwige von Sonnenkönig Louis XIV. über Louis XV. bis Louis XVI.
Feuer und Flamme für das Projekt
Von 30 der insgesamt 89 Zimmer der Caserne Chanzy haben die Gäste die erhabene Kirche im Blick. Auch von außen ist sie ein Hingucker, setzt sich je nach Lichteinfall immer wieder neu in Szene. Und gerade am Abend bietet sie dank einer gekonnten Beleuchtung eine Show der Extraklasse – sie, diese schöne, gotische Lady, wie sie die Mitarbeiter des Hotels respekt-, fast liebevoll nennen.
Über ein Vierteljahrhundert stand die alte Feuerwache leer. Kein Löschfahrzeug preschte mehr aus der großen Toreinfahrt. Kein Blaulicht blinkte mehr alarmierend, keine Sirenen versetzten die Bewohner mehr in Schrecken. Vergessen prangte nur noch in großen Lettern der Schriftzug „Sapeurs–Pompiers“ an der Sandstein-Fassade. Niemand interessierte sich für das verlassene Gebäude inmitten der City. Die Menschen in Reims gingen achtlos an ihm vorbei. Bis ein Investor und eine amerikanische Hotelkette auf die Idee kamen, dem Ganzen neues Leben einzuhauchen. Geradezu Feuer und Flamme waren sie für das Vorhaben. Vier Jahre später – Ende August 2019 – öffnete schließlich das schicke Hotel seine Türen für Gäste. Eines, das Geschichten erzählt …
Reminiszenz an Frau Brandmeister
In der Garage, wo früher die roten Löschwagen auf ihren Einsatz warteten, befinden sich jetzt Rezeption, Lobby und legeres Bistro-Restaurant. Und das heißt „La Grande Georgette“. Natürlich fragt sich jeder Besucher, was das zu bedeuten hat. Des Rätsels Lösung: Die Brasserie wurde nach der letzten Riesen-Feuerleiter benannt, die in Reims im Einsatz war. Es wollte nämlich die gute, alte Tradition, dass eben dieses Gerät stets den Vornamen der Frau des jeweiligen Brandmeisters trug. Madame hieß Georgette … Heute ist an dem Ort längst keine Eile mehr geboten. Im Gegenteil: In der Brasserie mit der offenen Küche ist ausgiebiger Genuss angesagt. Die kleine Karte bietet Köstliches wie Tunfisch-Ceviche, Reimser Schinkenpastete oder Landhuhn mit Kurkuma-Karotten und gerösteten Pilzen. Dazu eine riesige Auswahl an Champagnern, auch per Glas ab 10 Euro.
Das Hotel gehört zu den Autograph Collection Hotels von Marriott International, zu der mittlerweile rund 185 unabhängige Hotels weltweit zählen, davon 53 in Europa. „Autograph Collection Hotels ist ein Soft Brand auf Expansionskurs“, sagt Mark James, European Brand Leader aus Großbritannien. „Das gibt es erst seit 2010 und ist die Marke im Unternehmen, die am Raschesten wächst“. Jedes Hotel ist dabei auf seine Art einzigartig. Jedes erzählt eine besondere Story. Getreu dem Motto: Exactly like nothing else …
Untergrund mit Prickelfaktor
Außergewöhnlich ist auch das La Caserne Chanzy Hotel & Spa durchaus. In mehrfacher Hinsicht. Es ist nicht nur die Lage mitten in Reims, mitten in der Champagne. Die ehemalige Feuerwache ist eine einzige Hommage an die Königin der Getränke. Mit dem Farbkonzept fängt es schon an. Wände, Böden, Möbel, Accessoires zeigen sich in Gold-, Beige-, Grün- und Holztönen. Lampen erinnern an Flaschen, Sitzhocker kommen als überdimensionale Korken daher, Muster von Teppichen sind Rebstockreihen in Weingärten nachempfunden. Hinter der Rezeption erstrahlt eine beleuchtete Wand im Rüttelpult-Stil … Kurzum: Die Gäste sollen schon im Hotel in die wunderbare Welt des Champagners eintauchen. Und von dort die prickelnde Unterwelt drumherum erkunden.
Pläsir? Nein, Lebenselixier!
Denn kleine und große, unbekannte und weltberühmte Champagner-Kellereien, -Kooperativen und -Winzer haben ihren Sitz in der 180.000-Einwohnerstadt: unter ihnen Pommery, Taittinger, Veuve Cliquot-Ponsardin, Louis Roederer, Ruinart, …. Dazu zahlreiche Mini-Kellereien. Deshalb gilt Reims als inoffizielle Hauptstadt des spritzigen Trunks – auch wenn das die „Capitale de Champagne“ Epernay gar nicht gern hört. Wer also Lust hat, den feinen Unterschieden des Champagners auf die Spur zu kommen, ist in Reims genau richtig. Das Getränk prägt diese Stadt, wirkt weit in den Alltag hinein. Champagner als pure Genießer-Lust, als elitäres Pläsir? Nein, es ist dort schlichtweg Lebenselixier! Die Einheimischen jedenfalls sind überzeugt: „Du kannst nicht überleben, ohne zu essen. Aber ohne Champagner geht es auch nicht!“ So tänzeln die feinen Perlen mitunter schon zum Frühstück im Glas. Als Aperitif ist er mittags zur Stelle. Und bei einem schönen Abendessen bildet er selbstverständlich den stilvollen Auftakt. Mit anderen Worten: Er ist allgegenwärtig.
Und wer in Reims auch nur den leisen Vorschlag zu äußern wagte, man könne doch der Umwelt etwas Gutes tun, den Nahverkehr stärken und eine Metro bauen, wurde nur fassungsloses Kopfschütteln ernten. Denn Reims Untergrund besteht aus einem mehr als 200 Kilometer langem Netz von Champagner-Gewölben und -Tunneln, die zum Teil miteinander verbunden sind. Millionen von Flaschen lagern dort. Irgendwo muss das gute Tröpfchen schließlich reifen …
Im ältesten Champagnerhaus der Welt
Zeit also, in den Untergrund abzutauchen und direkt durch die „Crayères“ zu gehen. In diese Kalkhöhlen steigt man am besten gleich im ältesten Champagnerhaus der Welt: Ruinart. Von Nicolas Ruinart am 1. September 1729 gegründet, wird es mittlerweile in achter Generation betrieben. Also hinein in die kalkbleichen Korridore, die sich wie ein Adergeflecht im Bauch der Erde verzweigen. Ruinart war es, der als erster die ehemaligen Kalksteinbrüche als Lagerkeller nutzte. Es geht tiefer, immer tiefer, 20 Meter, 25, 30, bis zu 40 Meter hinunter … Linien am Boden leiten den Besucher, damit er sich nicht in den sich immer wieder verzweigenden Gängen verirrt. Es ist feucht, es ist kühl, die Temperaturen liegen bei 10 Grad Celsius. Der Geruch von Gärung zieht in die Nase. Hier liegen sie also, die Köstlich- und Kostbarkeiten aus Chardonnay-, Spätburgunder- und Pinot-Meunier-Trauben … Die wir natürlich verkosten. Darunter den Ruinart Rosé und den Dom Ruinart Rosé 2007 aus der Magnum-Flasche. Ach, man möchte nie wieder weg. Und es fortan mit Lily Bollinger halten: „Ich trinke Champagner nur, wenn ich glücklich und wenn ich traurig bin … Sonst rühre ich ihn nie an – es sei denn, ich bin durstig.“
Murmelz likes!
Weitere Infos:
Hotel La Caserne Chanzy Hotel & Spa
Autograph Collection Hotel
18, rue Tronsson Ducoudray | F-51100 Reims
+33 3 26 83 18 18 | www.lacasernechanzy.com
Notre-Dame de Reims
Öffnungszeiten: 7.30 bis 19.30 Uhr (sonn- und feiertags bis 19.15 Uhr)
3, rue Guillaume de Machault, Reims.
Kein Eintritt. www.cathedrale-reims.com
Champagne Ruinart
4 Rue des Crayères, Reims.
Besichtigungen von März bis November.
www.ruinart.com
Terroir des Rois
Schönes Delikatessen-Geschäft mit Produkten aus der Region Champagne-Ardenne, darunter herrliche Süßigkeiten wie die Biscuits Roses de Reims, diverse Pasteten und Champagner in einer Riesenauswahl.
Rue Robert de Coucy, Reims. www.terroirdesrois.fr