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Kochkurse in europäischen Sterne-Küchen sind seit Jahren schwer in Mode. Meist dürfen Hobby-Köche einen Tag lang den großen Meistern beim Arbeiten zusehen & abends ein Menü genießen. Ausgefallen & anders ist der Kurs, den Sternekoch Roland Huber im Wiener Restaurant Le Ciel anbietet. Einen Tag in der Sterneküche darf ich absolvieren: als Praktikant auf allen Stationen. Mittendrin, ohne Berührungsängste & mit ganz viel Neugierde. Murmelz goes Cooking with the Stars @ Le Ciel, Vienna.
Das Grand Hotel Wien
An einem schönen Spät-Sommer-Samstag, punkt 10:30h fahre ich im ehrwürdigen Grand Hotel an der Wiener Ringstraße in den 7. Stock hinauf. In den kulinarischen Himmel, wo seit Mai 2015 Roland Huber im Le Ciel by Toni Mörwald einen Stern und zwei Hauben erkocht hat. Nach einem kleinen Espresso erhalte ich meine Arbeitskleidung: eine eigene Kochjacke & eine blaue Schürze des Grand Hotel Wien.
Ausgefallene Produkte
Roland Huber kommt da gerade vom Einkaufen zurück. Gemeinsam mit seinem Rôtisseur war er seit in der Früh unterwegs, um Zutaten & Inspirationen für seine Gerichte zu sammeln. Ausgefallene Produkte gefallen Huber – wie die Melonengurke, eine Kreuzung aus den selbigen, die eine kleine Wiener Gärtnerei für den Sternekoch anbaut.
In hauchdünnen Scheiben und fein säuerlich mariniert wird das grüne Obst-Gemüse später gepaart mit Ausseer Saibling & Zitronenkresse zur Vorspeise des dreigängigen Grand Lunch Menüs, das von Dienstag bis Samstag im Le Ciel für anständige 45€ inklusive Wein, Wasser & Mokka genossen werden kann.
Ein Tag in der Sterneküche
Derweilen nehme ich meine erste Position beim Gardemanger ein, für den ich kleine Mini-Paprika mit einem Bunsenbrenner abflämme und unter kaltem Wasser häute. Ein Trick, den ich in Zukunft definitiv in der Murmelz Kitchen anwenden werde. Weiter gehts für mich zum Fisch.
Roland Huber verwendet in seiner Küche gerne die Sous-Vide-Methode: Fischfilets werden in kleine Folienbeutel verpackt und bei niedriger Temperatur gar gezogen. Zuhause habe ich diese Technik bereits im Dampfgarer probiert – funktioniert wunderbar! Genauso gut übrigens auch mit Fleisch, zum Beispiel einem schönen Filet, das anschließend in einer Pfanne mit Butterschmalz etwas Farbe bekommt. Apropos Butterschmalz: Das wirklich perfekte Wiener Schnitzel gelingt einfach nur, wenn es wirklich in Butter bzw. Butterschmalz schwimmt. Und das ist wörtlich gemeint! Viel hilft viel, dass die hauchdünnen Kalbsschnitzel derart fluffig golden aufgehen, wenn sie entspannt in der Pfanne vor sich hinfloaten.
Von meiner Position aus habe ich einen wunderbaren Überblick über die gesamte Küche, die wie das Restaurant ebenfalls im 7. Stock des Gebäudes liegt und damit hell & sehr großzügig wirkt. Das Zusammenspiel des Chef de Cuisine mit seinen drei Köchen, zwei Lehrlingen und den KollegInnen der Patisserie fasziniert mich. In der Küche herrscht eine konzentrierte Ruhe mit klaren Strukturen, Tempo & Dynamik – wobei es Roland Huber gelingt, trotz Anspannung und Druck eine legere & freundschaftliche Atmosphäre zu schaffen. Ein moderner Küchenstil, der gefällt und für große Motivation beim Team sorgt.
Roland Hubers Kochstil
In seiner Kulinarik konzentriert sich Huber in der Regel auf drei Grund-Zutaten pro Gericht, die mit viel Kreativität & Raffinesse variiert werden. Auf Kohlenhydrate oder klassische Sättigungsbeilagen wird verzichtet, wobei das für den Sternekoch kein modisches Dogma darstellt. Vielmehr ergibt sich dies aus seinem eigenen Geschmacksanspruch & seinem Spiel mit Konsistenzen & Texturen. Gerne verwendet er saisonale & bodenständige Zutaten, wobei im Wiener Le Ciel natürlich auch Kaviar, Hummer & Co. auf der Karte stehen.
Am heutigen Samstag ist das Restaurant mittags ausreserviert und ich merke, wie sich das Tempo & die Konzentration in der Küche steigern. Kurz annonciert Roland Huber die einzelnen Bestellungen, die von den jeweiligen Positionen mit einem zackigen „Jawohl“ bestätigt werden. Änderungen & Extra-Wünsche werden dabei ganz selbstverständlich in die Küchendramaturgie eingewoben.
Mittendrin, statt nur dabei darf ich dem ausgeklügelten Küchenballett der durchwegs jungen Koch-Mannschaft beiwohnen, während der Chef mich wie selbstverständlich zum Anrichten der einzelnen Gerichte einspannt & dabei auch noch Zeit findet, mit mir über Produkte oder Zubereitungsarten zu fachsimpeln. Ein Profi zum Anfassen.
Roland Hubers Werdegang
Stationen bei Heinz Winkler, Heinz Reitbauer & Dieter Müller haben Roland Hubers Kochstil geprägt, bevor er 2008 das Finale der Jungen Wilden für sich entscheiden konnte. Anschließend bewies er sein Ausnahmetalent bei Toni Mörwald in Krems und Heinz Hanner in Mayerling. Dass er nun nach so kurzer Zeit im Le Ciel bereits seinen ersten Stern verliehen bekommen hat, lässt erahnen, wie viel wir von Roland Huber noch hören & hoffentlich schmecken werden.
Der Grand Lunch
Derartig inspiriert durfte ich schließlich die Kochjacke abstreifen und meinen Platz im Restaurant einnehmen, wo mich der ausgesprochen zuvorkommende & bestens informierte Service unter der Leitung von Günter Moser & Dietmar Baumgartner in Empfang nahm.
Mein Überraschungsmenü begann mit einer Amuse Geule-Variation: fluffig, cremige Gänseleber mit Feige, Radieschen-Butter & einem hervorragend leichten Saiblingstartar mit Blüten.
Zur Vorspeise dann eine Paradeiser-Auswahl (Tomaten), fein säuerlich mariniert mit gebeizten Radieschen, Ananas, Zitronenkresse, Physalis & Safran – der pure Geschmack nach Sommer! Hervorragend dazu ein Glas frischer Gemischter Satz von Zahel, der mit sehr wenig Säure überzeugte.
Zum Hauptgang hatte ich mir Fisch gewünscht, weshalb Roland Huber für mich einen kross gebratenen Zander, flankiert von Spitzkraut, geröstetem Germ & grünen Spinatsprossen kreierte. Perfekt dazu die salzig-zitronige Sauce, die das Gericht zwischen Sommer & Herbst, zwischen Tradition & Moderne schweben ließ.
Zum Finale schließlich die Gebrannte Milch mit Kardamom, getrockneten Berberitzen, Rote Rüben-Granulat, Erdnusscreme & Amaranth-Kresse. Zum Reinlegen gut!
Zum Espresso besuchte mich „mein Küchenchef“ im Restaurant & überraschte mich mit meiner Urkunde für den „Tag in der Sterneküche“ – ein Erlebnis, das ich so schnell nicht vergessen werde. Bei meinem nächsten Wien-Besuch werde ich auf jeden Fall das große Menü am Abend probieren, jetzt wo ich aus erster Hand weiß, mit wie viel Leidenschaft & Kreativität Roland Huber nach den Sternen greift.
LE CIEL
by Toni Mörwald im GRAND HOTEL WIEN
Kärntner Ring 9 I A-1010 Wien
+43 1 515 80 9100 I leciel@grandhotelwien.com I
Öffnungszeiten
Dienstag bis Samstag 12 – 15 Uhr & 19 – 24 Uhr.
Sonntag & Montag geschlossen
Preise
Grand Lunch: 45€ für drei Gänge inklusive Wasser, Wein & Mokka
Dinner:
3 Gänge 76€, Weinbegleitung 32€
4 Gänge 86€, Weinbegleitung 39€
5 Gänge 96€, Weinbegleitung 49€
6 Gänge 106€, Weinbegleitung 59€
Kochkurs „Ein Tag in der Sterneküche“, inklusive Lunch: 198€ pro Person
Zur Tischreservierung geht es hier: ONLINE-RESERVIERUNG
Weitere Informationen zum Hotel finden Sie auf der Website.
Infos zu Roland Huber gibt es auf seiner Website.