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Es ist eine der ganz wenigen Brauereien, die zwar Bier braut, aber nicht verkauft. Denn mit ihrem Gerstensaft haben Alois und Petra Loder aus Walchsee im Kaiserwinkl etwas Besseres vor: Sie stellen feine Bieressige her, in der ersten Bio-Bieressig-Manufaktur Tirols: Bieressig Loder.
Kleine Brauerei auf Rädern
Alois Loder lacht, als er die Mini-Anlage in seinem Haus am Fuße des imposanten Kaisergebirges zeigt. Das gute Stück steht auf Rädern und nimmt gerade mal drei Meter ein. Doch das reicht für Sudpfanne, Läuterbottich, Gärbottich & Co. Alles blitzt und blinkt. Einmal pro Monat wird das Ganze auf Touren gebracht, um 250 Liter zu erzeugen.
Keine Standard-Biere, sondern Premium-Spezialitäten, richtige Schmankerl sind darunter. Der begeisterte Hobbybrauer frönt seit zehn Jahren seiner Leidenschaft, hat seither bei den österreichischen Staatsmeisterschaften der Klein- und Heimbrauer schon vier Staatsmeistertitel geholt: für dunkles Lager-, helles Weiß-, dunkles Weiß- und Märzenbier.
Doch wohin mit all dem Bier? So viel kann man ja gar nicht trinken. Die Familie nicht und die Gäste ihrer Pension auch nicht. Also musste eine Lösung her. Und die lautete: Bieressig! Petra Loder kümmert sich um die Produktion. Mit im Team ist auch Sohn Alois jun., angesteckt vom Enthusiasmus seines Vaters, ließ er sich zum Brau- und Mälzermeister ausbilden und ist nebenbei auch noch Diplom-Biersommelier. Besser kann es gar ganz nicht passen. Tochter Sabrina hilft bei Verpackung und Verkauf.
Loder sen. zeigt das Getreide, das sie unter anderem verwenden: eine so genannte zweizeilige Gerste. Und dann das Malz, Biomalz, darunter auch Rauchmalz. „Je stärker das Malz geröstet ist, desto dunkler wird das Bier“, erklärt Loder. Und natürlich beeinflusst der Röstgrad das Aroma.
Dreifach-Bock und Guiness
Die Loders brauen auf die traditionelle, handwerkliche Art. Doch so manchen Kniff, so manches Geheimnis haben ihnen Freunde verraten. Nicht irgendwelche Freunde, sondern aus der Pschorr-Dynastie. Auch kaufen Loders Bier für die Essige dazu, ausschließlich Spitzenbiere, versteht sich. Dadurch entsteht eine breite Angebotspalette. Derzeit stehen neun verschiedene sortenreine Bieressige in den Regalen ihres kleinen Essiglädchens im eigenen Haus, abgefüllt in schlanken, edlen Flaschen.
Da sind Essige aus dem Dreifach-Bockbier „Horny Betty“, aus einem hellen Weißbier-Doppelbock, einem dunklen Weißbier-Doppelbock, aus einem Märzen-Festbier, aus Irish-Stout, Indian Pale Ale, gar das Original-Guinness ist dabei. Und der Balsamico-Essig aus einer prämierten Triple-Bio-Bockbier-Spezialität plus Balsamico aus dem italienischen Modena nicht zu vergessen. „Wie das Bier, so der Essig“, bringt es die Chefin auf den Punkt. „In dieser Differenziertheit bietet sonst in Europa niemand diese Produkte an.“
Die Sache mit der Zeit
Wie wird Essig aus dem Bier? Es kommt zusammen mit der sog. Essigmutter in Edelstahlkannen. Schon nimmt die Entwicklung ihren Lauf. In der Essigstube riecht es stark nach Klebstoff. Petra Loder ist das schon gewohnt: „Das ist ganz typisch! Es zeigt den Beginn des Umwandlungsprozesses von Alkohol in Säure.“
Das dauert. Gut Ding braucht Weile. Der gesamte Vorgang dauert bis zu neun Monate. Dann erst ist der gewünschte Säuregehalt von 7 bis 7,5 Prozent erreicht. Anschließend wird der Essig gefiltert, auf 75 Grad erhitzt. Dadurch stirbt die Essigmutter ab, der Gär-Prozess wird gestoppt. Wieder wird gefiltert, und bei der anschließenden Lagerung setzen sich auch die verbliebenen Trübstoffe ab. Fertig ist der Essig. Es ist ein natürliches Verfahren, das die Loders nutzen, Orléans genannt. Und das hat eben nichts mit einer 14-tägigen, industriellen Schnellproduktion anderer Essige zu tun. „Unsere Philosophie ist es, dem Leben und dem Lebensmittel Bier Zeit zu geben“, sagen sie. Man schmeckt es.
Vom Aperitif bis zum Dessert
Spezialitätenläden und Gourmet-Restaurants gehören unter anderem zu ihren Kunden. Denn der Bieressig passt überall, wo sonst Wein- oder Obstessig zum Einsatz kommt. Er macht sich gut im Salat, in Saucen und Marinaden. Selbst zum Dessert, zu Vanilleeis oder Erdbeeren mit Schlagsahne etwa, ist er eine höchst gelungene Ergänzung. Im Sommer eignet er sich in Mineralwasser als Erfrischungsgetränk, ist mit seinem hohen Gehalt an Mineralstoffen, Vitamin B und Eiweißen sogar ein ziemlich gesunder Durstlöscher. Ein Spritzer von ihm im Aperitif ersetzt die Zitrone. Denn der bernsteinfarbene Mountain-Pale-Ale-Essig etwa weist eine leichte Zitrusnote auf, mit einem Hauch von Ananas und Mango.
Andere — wie der rotbraune Horny Betty-Essig – haben einen viel intensiveren Geschmack mit einer leichten Schärfenote im Abgang. Das zeigt: Bieressige eröffnen eine neue, wunderbare Geschmackswelt. Und das ist erst der Anfang. Die Loders jedenfalls lassen ihre Essige mittlerweile auch in kleinen Holzfässern reifen, verfeinern sie dadurch noch weiter. Dann ruhen sie bis zu einem Jahr in Maulbeer-, Kirsch-, Esche-, Kastanie-, Eichen oder Akazienfässern, die ihnen allen eine etwas andere Note verleihen. Einige Rezeptideen sind hier auf der Website von Bieressig Loder zu finden.
Murmelz Tipp
Wer Lust hat, kann die Manufaktur nach Voranmeldung besichtigen, selbstverständlich inkl. Verkostung von selbst gebrauten Starkbieren und Essigen. Kleine leckere Snacks mit Bieressig (Mozzarella mit Tomate, Graukäse mit Avocado, Schinkenröllchen mit Gurke, Perlzwiebeln und Lindenkapern) gibt’s dazu. Kosten: 19 Euro pro Person. Dauer: ca. 1,5 h. Wer mag, wirft anschließend noch einen Blick ins „EssigLadl“.
BIERESSIG LODER
Kalvarienweg 5 | A-6344 Walchsee-Tirol | Austria
+43 537 45247 | www.bieressig.at
Infos zur Region: www.kaiserwinkl.com