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Joël Ellenberger ist ein Zauberer. Leicht, unbeschwert und voller Neugier kombiniert er unterschiedlichste Aromen auf den Tellern. In minimalistischer Kunst, mit unglaublich viel Tiefe und überwältigenden Geschmacksnuancen. Regional verwurzelt und fröhlich weltoffen. Mit entspannter Selbstverständlichkeit und herrlich lässig: beim Sharing-Menü mit 2 Sternen im IGNIV by Andreas Caminada in Bad Ragaz.
Unterstützt wird er dabei von Gastgeberin Susanne Schneider, die zuvor ebenfalls reichlich Erfahrung im Epizentrum der Caminada-Welt auf Schloss Schauenstein sammeln durfte. Mit ihrem Team sorgt sie dafür, dass man sich im »Nest« – Igniv auf Rätoromanisch – herzlich empfangen, bestens umsorgt und damit einfach rundum wohl fühlt. Wer es sich einmal im IGNIV gemütlich gemacht hat, will dieses Nest so schnell nicht wieder verlassen.
Joël Ellenberger
2 Michelin-Sterne, 17 Gault-Millau-Punkte, 96 Falstaff-Punkte. Ein ziemliches Line-Up was der junge Küchenakrobat heute vorzuweisen hat. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Joël Ellenberger mit gerade mal 27 Jahren das damals bereits mit 2 Sternen dekorierte Restaurant in 2022 übernommen und im Jahr darauf mit identischer Bewertung bestätigt hat.
In Zürich geboren war Joël schon immer von der Gastronomie seiner Tante fasziniert. Das war es, was er machen wollte. Kochen. Nach seiner Lehre zog es ihn ins ehrwürdige Baur au Lac, wo er im Pavillon bei Laurent Eperon arbeiten durfte. Hier mochte er einfach alles: den Stress, den rauen Ton, die Hierarchie, den Glanz. Joël wurde klar, dass er in der Sternegastronomie angekommen und seine große Schaffenskraft ausleben möchte.
Nenad Mlinarevic empfahl ihm schließlich nach einem privaten Abendessen, sich bei Andreas Caminada zu bewerben. Nach einem Probetag war die Sache klar. Joël fing als Sous Chef im Schloss Schauenstein an und bekam nach nicht langer Zeit das Angebot, die Nachfolge von Silvio Germann im IGNIV in Bad Ragaz anzutreten. Seit drei Jahren zeichnet er nun dort für die Küche verantwortlich und verzaubert Abend für Abend mit seiner großen Freude im Spiel der Aromen.
Zwar gibt Großmeister Caminada in seinen IGNIVs gewisse Punkte wie die Menüfolge vor, doch ist Joël Ellenberger extrem frei in dem, was er täglich auf die Teller bringt. Caminada ist für ihn ein Vorbild, ein Mentor, ein Freund. Deshalb wird der Chef auch immer zur Präsentation des neuen Menüs eingeladen. Seinem Lieblingsprodukt – der Gänseleber – bleibt Joël Ellenberger bei all seinen Speisenfolgen treu. Es wäre auch ein kardinaler Fehler, es nicht zu tun. Selten hab ich ein solch feines, ausbalanciertes Lebergericht kosten dürfen.
Wichtig ist Joël auch das Thema Nachhaltigkeit. Gerade in der Sternegastronomie. »From Nose to Tail« und der bewusste Umgang mit allen Lebensmitteln und Ressourcen sind selbstverständlich. Im Restaurant, wie im Back of the House. Lebensmittel werden grundsätzlich in Gänze verwertet und als i-Tüpfelchen gibt es für das IGNIV einen eigenen Garten, wo unterschiedlichste Gewächse angebaut werden. Dort zupft Joël schon mal die Knospen von einem Radieschenbusch und bringt damit die Tastebuds seiner Gäste zum Tanzen.
Sharing is caring
Der omnipräsente Family-Style ist aus unserer Dining-Kultur nicht mehr wegzudenken. Doch taugt dieses Konzept auch für die Sternegastronomie? Ich war etwas skeptisch, wenngleich ich es natürlich liebe, viele unterschiedliche Gerichte zu probieren. Joël sagt selbst, dass das Sharing-Konzept eine Herausforderung für die Sternegastronomie ist. Nicht zuletzt läuft die Menü-Kreation anders ab. Die Idee einer Speise muss nämlich anders aufbereitet werden, weil das Gericht eben zum Teilen gedacht ist. Bereits nach den Grüßen aus der Küche, waren meine Zweifel weggeblasen. Wirklich gut gefallen hat mir, dass man sich als Gast beim Teilen anders mit dem Essen auseinandersetzt. Man schmeckt gemeinsam, man spricht darüber – beim Sharing verschmelzen zwei Protagonisten zu einer Hauptfigur: das Essen und der Gast.
Igniv Menü
Meine Highlights des Abends? Alles. Angefangen von den vier verschiedenen Amuse: Ei Royal, Kartoffel – BBQ, Tartelette – Karotte, Eiszapfen – Alge und nicht zu vergessen die Brunnenkressen-Butter – über die Vorspeisen: Makrele – Ponzu, Saibling – Dill, Wolfsbarsch – Gurke, Entenstopfleber, Spargel – Liebstöckel, Langustine – Physalis und den Hauptgängen: Rouget – Artischocke, Karotte – Fudge, Kartoffel – Erbse, Lattich – Bittersalat zu den Extra-Gängen: einem weißen Heilbutt mit fruchtiger Amalfi-Zitronen-Beurre Blanc und grünen Bohnen, der Jakobsmuschel mit Brokkoli, Chinakohl-Chip, Muschel- und Krustentier-Sud und royal obendrauf die Königskrabbe mit Kandierte Orangen-Beurre-Blanc und weißem Spargel. Unbeschreiblich gut! Neben seinem großen Talent verschiedenste Aromen zu kombinieren, ist Joël nämlich auch ein Meister der Saucen.
Desserts
Wer mich kennt, weiß, dass ich auf Desserts gerne verzichte. Susanne Schneider überzeugte mich aber, das heute sein zu lassen. Herrlich fluffig war das Soufflé von der Tonkabohne, säuerlich-frisch die Zuckerkugel mit Sanddorn, gefolgt von Sauerampfer mit grünem Apfel, Limette und Joghurt und meinem Highlight: dem Cannelloni – Bienenstich.
Für den Nachhauseweg gab es dann noch hausgemachte Süßigkeiten aus dem Candy Store. Die habe ich brav zuhause in München geteilt. Sharing is caring – gerne mit 2 Sternen.
IGNIV Bad Ragaz
im Grand Resort Bad Ragaz
Bernhard-Simon-Strasse 20 | CH-7310 Bad Ragaz
Schweiz
+41 81 303 30 35 | reservation@igniv.com | igniv.com
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Samstag: 18.30 bis 22 Uhr
Sonntag: 12 bis 13.30 Uhr und 18.30 bis 22 Uhr